Die Saga von Erik Sigurdsson, Das Blut der Wikinger
8. Die Geißel Gottes
Im Morgengrauen hatten die Nordmänner ihre Schiffe an
der Küste des Sachsenlandes unbemerkt auf den Strand
gezogen. Eine schwarze Skaid und eine Schnigge.
Die Krieger scharrten sich um ihre Anführer und zogen
dann landeinwärts. Aufsteigende Rauchschwaden in der
Ferne, verrieten ihnen die Richtung in die sie marschieren
mussten.
In einem kleinen Wäldchen hielten sie inne. Vor ihnen lag,
in morgendlichen Nebel gehüllt, eine große Ebene. Dahinter
waren die niedrigen Mauern des Dorfes zuerkennen.
An der Spitze der Wikinger stand ein schwarzbärtiger Hüne.
Sein dunkles, langes Haar wehte leicht im Wind, einen
Helm trug er nicht.
Neben dem Hünen stand ein Mann. Unter seinem schwarzen
Umhang trug er ein ehernes Kettenhemd und unter dem
Runenverzierten Helm ragte langes, blondes Haar hervor.
"Nun mein norwegischer Waffenbruder kannst du deinen
unbändigen Hunger nach Christenleibern stillen", sprach der
schwarze Hüne und lachte.
"Hier hast du ein ganzes Dorf voll von ihnen."
Er zog sein Schwert aus dem Wehrgehäng und rief den
Namen des nordischen Göttervaters. Nun hob auch der
blonde Wikinger seine langstielige Axt und wie ein
Wolfsrudel stimmten die Krieger in den Ruf mit ein.
"Odin!" - "Odin!" - "Odin!"
Donnerhall gleich dröhnte der Name des Wikingergottes
durch die kühle Stille des Morgens.
Dann brach lautes Kriegsgeschrei los und die Nordmänner
stürmten auf das ahnungslose Dorf zu.
Vertrauend auf den Schutz ihres Landesherrn, hatten sich
die Bewohner des Sachsendorfes sicher gefühlt. Wachen
gab es keine.
Nun bemerkten sie den Angriff der Wikinger mit Entsetzen.
Der Lärm der anstürmenden Krieger, riss auch den letzten
Sachsen aus dem Schlaf. Doch es war zu spät.
Hungriger Wölfe gleich, fielen die Nordmänner in das Dorf
ein.
Dies war kein gewöhnlicher Überfall, der es zum Ziel hatte
reiche Beute zu machen. In dem ärmlichen Dorf gab es nicht
viel zu holen, das wussten die Wikinger.
Dieses Mal trieb sie nur die Lust am töten.
Die wenigen wehrfähigen Männer hatten Mühe sich zur
Verteidigung ihres Dorfes zusammeln. Sie liefen aus ihren
Hütten und erkannten nicht was um sie herum geschah. Ein
Mann, der der Dorfälteste war, rief Befehle. Doch kaum
einer hörte auf ihn.
Die Wikinger stürmten die flachen Mauern der sächsischen
Siedlung und begannen ihr blutiges Handwerk.
Schon fielen die ersten Männer mit geschundenen Körpern
in den Staub. Als sie die Ausweglosigkeit ihrer Situation
erkannten, warfen die Verteidiger des Dorfes ihre Waffen
von sich und liefen davon. Nun versuchten auch die anderen
Bewohner in panischer Angst zu fliehen. Doch die
schützenden Mauern der Burg ihres Lehnsherrn waren weit.
Sie liefen planlos umher und die Nordmänner wüteten
inmitten ihrer Opfer, wie der Fuchs im Hühnerstall.
Krachend berstende Knochen unter den ehernen Klingen
der nordischen Schwerter und Äxte.
Gellende Schreie geschändeter Weiber die in Todesangst
um ihr Leben flehten.
Immer wieder der Ruf nach dem Gottessohn Jesus Christus,
der Hilfe bringen sollte.
Blutende, zerschlagene Leiber in den Gassen und auf dem
Platz des Dorfes. Alte Männer mit Mistgabeln bewaffnet,
die verzweifelt versuchten ihre Familien und ihre Habe zu
schützen.
Brennende Hütten und Ställe.
Wild um sich schlagende Wikinger mit ihren, vom Blut der
Opfer, rot gefärbten Schwertern.
"Sieh was ich hier habe", rief der schwarzbärtige Hüne dem
blonden Norweger zu.
Mit seinen riesigen Pranken hielt er einen kleinen, wild
zappelnden Mann in die Höhe. Seine schwarze Kutte mit
dem weißen Kragen gab ihn als Priester zu erkennen.
"Das ist genau das richtige für dich, Bjarne. Ein kleines
Priesterlein!"
Mit einem gewaltigen Tritt beförderte er den Gottesmann
direkt vor die Füße des Norwegers.
"Sieh da, ein Pfaffe", stellte Bjarne mit hasserfülltem Blick
fest.
"Jetzt bekommt Odin ein passendes Opfer!" Er stellte dem
kleinen Priester einen Fuß auf die Brust, so dass dieser ihm
nicht mehr entweichen konnte. Langsam beugte er sich über
den vor Angst schlotternden Mann.
"Nun werde ich dir zeigen, dass die Macht der Götter
meiner Ahnen größer ist als die eures Heuchlergottes!" Zwei
Krieger kamen hinzu und drückten den kleinen Mann zu
Boden.
"Ihr seid die Geißel Gottes, verflucht sollt ihr sein,
Satansbrut!" schrie der Priester in sächsischer Sprache.
"Ihr werdet in der Hölle schmoren und die schlimmsten
Qualen erleiden. Gott der Herr wird euch strafen!"
Die Stimme des Mannes überschlug sich, als er seine
Verwünschungen in höchster Erregung heraus schrie.
Der blonde Wikinger riss dem Mann die Kutte vom Leib
und seine Krieger grölten vor Freude.
Langsam drang die Klinge seines Dolches in das weiße
Fleisch und öffnete die Brust des kleinen Priesters. Mit
beiden Händen griff der Norweger in die offene Wunde und
bog die Rippen aus dem Brustkorb.
Die schrillen Schreie des Sachsen waren verstummt.
Aus weit aufgerissenen Augen starrte der Priester in das
Gesicht des jungen Wikingers.
Nun schnitt die scharfe Klinge des Dolches dem
Gottesmann das Herz aus der Brust und mit einem leisem
Röcheln entwich der letzte Rest Lebens aus dem
geschundenen Körper.
Mit beiden Händen hielt Bjarne das blutige Organ gen
Himmel und rief dabei den Namen des nordischen
Göttervaters.
"Odin!" Odin!"
Großer Jubel brach unter den Nordmännern aus. Und als
würde Thor der Donnergott selbst, mit seinem Hammer die
Kriegstrommel schlagen, stimmten die Krieger in den Ruf
des blonden Norwegers ein.
Nun wurde auch der Schwarzbärtige aufmerksam, der
gerade einem jungen Weib seinen Willen aufzwang.
Er begann laut zulachen, schnitt dem Weib kurzerhand mit
dem Dolch die Kehle durch und ließ dann von dem
gepeinigten Körper ab.
Das junge Weib fiel röchelnd zu Boden und der rote
Lebenssaft floss über ihre milchweißen Brüste.
Nachdem er seine Beinkleider gerichtet hatte, ging er auf
den blonden Norweger zu. Der Hüne betrachtete den
verstümmelten Leichnam des Priesters. "Du würdest einen
guten Goden abgeben, Bjarne!" rief er zufrieden.
Dabei legte er ihm Freundschaftlich seine Pranke auf die
Schulter.
Nach kurzer Zeit gab es außer den Nordmännern in dem
Dorf keine lebende Seele mehr. Menschen und Vieh lagen
gleichsam abgeschlachtet im Staub.
Einigen Sachsen war die Flucht gelungen, doch die meisten
hatten unter den ehernen Klingen der Normannen den Tod
gefunden. Die Nordmänner begannen das Dorf zuplündern.
Die wenigen Gebäude die nicht den Flammen zum Opfer
gefallen waren, durchsuchten sie nach Wertvollem. Doch
die Beute war gering.
Die Wikinger brachten das noch lebende Vieh und die
wenigen Habseligkeiten die sie erbeutet hatten auf ihre
Schiffe und so schnell und überraschend wie sie gekommen
waren, verschwanden sie wieder in der rauen See.
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